2.-4.II.1915 „Salzkartoffeln mit gebratenem Rosenkohl und gebratener Wurst“

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Wolfgang und Gerhart Husserl an M. Husserl, 2.-4. II. 1915

Liebste Mama!

Poelkapelle (d.i. Pfuhlsumpf), Kirche 2.2.15.

Habe gestern 2 Briefe mit Strümpfen und einen mit Briefschaften abgeschickt; die Hemden und Unterhosen musste ich leider zurücklassen, ich hatte sie leider schon verpackt, weil nur 250 g angenommen werden. Gestern Abend kamen wir an und bleiben 4 Tage, haben tadellos gemütliches Quartier neben der Beenhouvery. Ich wohne selbdritt in einer urgemütlichen Küche (der einzige Raum vom Haus, der heil geblieben) und schlafe in einem winzigen Keller, der nicht übertrieben ¾ m hoch ist. Luft hat man aber genug. Man streckt seine Glieder auf weichem Stroh. Hier ist es tausendmal schöner als in dem beschissenen Ostneukirchen. Hier ist man ungeniert und hat alles zur Hand. Holz (was in O. sehr rar war), Tassen, die runden ohne Henkel, Teller, Töpfe usw., und was man nicht hat, verpasst man sich. Ich fühle mich hier, wo ich jedes Haus und die Umgebung in- und auswendig kenne, ganz heimatlich. Uns beiden geht es denn auch vorzüglich.

W.

Der dritte ist Bete, du kennst ihn aus Arnstadt. Er will Oberlehrer werden, hat eine Brille, war von Anfang mit uns zusammen, ein ganz vorzüglicher Mensch.

Hochverehrter Herr Professor!                                                                             Poelkapelle, 4.2.15

Da ich heute bei Ihren Söhnen zu Gast bin und bei ihnen richtig zu Mittag gegessen habe – aber unter Kanonendonner –, möchte ich nicht versäumen, Sie und Ihre Frau Gemahlin aus dem Felde zu begrüßen. Ihre beiden Söhne kommen nicht um, sie haben zu essen und zu trinken.

Ihr ergebenster Niese.

Wir leben hier famos in häuslicher Ruhe, schlafen und essen und sitzen um unsern runden Tisch in unsrer flämischen Küche.

Gerhart.

Freundlichen Gruß H. Bete.

Das Menu des Mittagsmahles, das Feisel gekocht, zu dem Bete und ich das Zeug herbeigeschleift, G<erhart> das Holz gehackt hatte, war: Salzkartoffeln mit gebratenem Rosenkohl und gebratener Wurst. Zum Nachtisch Kaffee, Erdbeergelée und von Niese eine gute Zigarre und Besuch von Gustav Werner. Gleich werde ich das Geschirr aufwaschen.

W.

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