29.XI.1914 „Wir sind Gott sei Lob und Dank aus dem verfluchten Schützengraben raus“

Schützengräben auf dem Schlachtfeld von Lgota Murovana.
Blick auf die Schützengräben

Wolfgang Husserl an M. und E. Husserl, 29. XI. 1914

Liebe Eltern!                                                                                               1. Advent

Wir sind Gott sei Lob und Dank aus dem verfluchten Schützengraben raus, sind vom 2 . Bataillon abgelöst, unseres muss inzwischen dessen frühere Arbeit tun. Das 2. schanzte vordem für uns und schleppte Balken in die Gräben, nun umgekehrt. Dann muss unser Bataillon jede Nacht abwechselnd mit einer Kompanie die Linie verstärken …

Wolfgang

28.XI.1914 „… wenn man gute Sachen zu essen hat, erträgt man die Strapazen doppelt so leicht“

                                Wolfgang Husserl an M. und E. Husserl, 28. XI. 1914

… Da man nur Brot und Speck, und auch den nicht immer, und einmal am Tag das oft ungenießbare Zeug von der Feldküche bekommt, so hat die Feldpost die Aufgabe, die Ernährung reichhaltiger zu gestalten, vor allem Zukost zum Brot, das es immer reichlich gibt, zu liefern. Also Butter, Schmalz, Wurst (sehr viel) und dgl., ferner Genussmittel Schokolade, Hustenbonbons, Kuchen, Keks, Bananen, Südfrüchte, Bouillonwürfel, Tee, Kakao und Likör (sehr wichtig), Aspirin … Mittel gegen Durchfall … etc. Hoffentlich findest Du mich nicht zu unbescheiden, aber wenn man gute Sachen zu essen hat, erträgt man die Strapazen doppelt so leicht. …
Ich trage auf dem Leib: 2 Paar Strümpfe und Fußlappen, 2 Unterhosen, die seidene Unterhose, Kniewärmer, Leibbinde, 2 Hemden (das seidene ist in tausend Fetzen gegangen), wollene Unterjacke, seidene Halsbinde, Schal und oft die Handschuhe, fast immer den Mantel …
Ich lasse Frau Oldenberg gratulieren für das Eiserne Kreuz ihres Sohnes. Wenn ich bei der Artillerie war, habe ich oft an ihn gedacht und dass seine Eltern nicht so besorgt zu sein brauchen, da die Gefahr, der man bei den Kanonen ausgesetzt ist, viel geringer ist als bei uns.
Nun wegen Dr. Clemens. In der Verlustliste wird er als vermisst geführt, von seinen Kameraden ist rein nichts über ihn herauszukriegen, da fast alle, die ihn kannten, tot sind (er gehörte nämlich dem 3. Zug an, der am 10. <November> mitgestürmt hat).
(W.)

25.XI.1914 „Wir lassen uns die Gemütlichkeit aber nicht rauben“

Gemütliches Kartenspiel
Gemütliches Kartenspiel

Wolfgang Husserl an M. und E. Husserl, 25. XI. 1914

… Zwei Nächte im Schützengraben, zwei Nächte im Ort, wo es viel gefährlicher ist, da das Dorf zeitweise vom Feind bombardiert wird. Wir lassen uns die Gemütlichkeit aber nicht rauben. So sitzen wir hier in einem kaputten Haus, dessen Luken notdürftig mit Stroh und Zeltbahnen verstopft sind um den nach endlosen Bemühungen in Glut versetzten Herd. Leutnant Keil erzählt von seinem Leben – eine nette Plauderstunde, bis eine Granate ins Nachbarhaus einschlägt. … Dein Brief vom 17., liebe gute Mama, hat uns ganz außerordentlich gefreut. Martin Lehmann tot, bin furchtbar traurig (an seiner Verwundung vom 10. November gestorben). …

W.

23.XI.1914 „Herrliches Winterwetter, etwas Schnee und Frost“

Im Unterstand
Im Unterstand

Wolfgang Husserl an M. und E. Husserl, 23. XI. 1914

Liebste Eltern!

Im Felde, den 23. 11.14.

Liege hier Leib an Leib mit Passow und Hippel zusammen in ihrem molligen Unterstand, während Gerhart in unserem Besuch von Franz Runge hat. Da Ernst und Reinhard mit dem Lesen der Post beschäftigt sind, benutze ich die Zeit, Euch ein paar herzliche Grüße zu senden. Vielen, vielen Dank für die Massen von guten Sachen! …

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21.XI.1914 „Nachts dicht gedrängt mit Wolfgang in einem … Unterstand, ganz indianerhaft“

Gerhart Husserl an M. und E. Husserl, 21. XI. 1914

Liebe Eltern.

Ein wunderbarer Wintertag, alles festgefroren, Pfützen, Dreck. Seit einigen Tagen im neuen Schützengraben, schanzend und trampelnd! Nachts dicht gedrängt mit Wolfgang in einem mit Balken und Zeltbahn hergerichteten Unterstand, ganz indianerhaft. Jetzt 2 Tage Ruhe im Ort, der total zerschossen ist, man kocht und schläft. Ich bin wohl, Wolfgang auch. Die Kompanie führt jetzt der eben beförderte Leutnant. Es ist ganz schön, aber anstrengend, 100 m vom Feind.

G.