1.XII.1915 „Dann war das Pferd krank“

Kranke Pferde

Wolfgang Husserl an M. und E. Husserl, 1. XII. 1915

Liebste Eltern!

Feldwache der Riegelschanze. 1. Dezember 15, abends 8 Uhr

… Da wir 5 Mann sind, kommt man jede 5. Nacht dran. Es geht mir sehr gut. Ich bin so in Arbeit eingespannt, dass ich nicht einmal dazu komme, Zeitungen, geschweige denn Klassiker zu lesen. … Das Rankriegen von Schotter bekümmert mich noch ziemlich. Heute wäre ich beinahe um 2 Loren gekommen. … Dann war das Pferd krank. Meine ganzen Zigaretten verwendete ich, um Kutscher zu bestechen, mir ein Pferd zu leihen, wenn unseres nicht im Schuss ist. … Es regnet viel. Ein fürchterlicher Dreck herrscht hier (gegen Flandern natürlich Gold) und nicht weniger in Etain. Das erfuhr ich, als ich zu II/19 ging, wo ich … beinahe einigen Wagen zum Opfer gefallen wäre (es war schon dunkel), die daherrasselten in dichten Reihen. Natürlich war der Hauptmann nicht da. Er rannte die ganze Orne ab, um Stellen für Notbrücken auszusuchen. Dann kam er, musste aber wieder weg, um eine Kompanie zu alarmieren. Ich begleitete ihn ein Stück. Er ist sehr abgespannt von der Arbeitslast. Ich hatte nicht viel von ihm, er lässt Euch grüßen. Sein Adjutant hat schon 2 Mal schlapp gemacht, soviel hat man dort zu tun. … Na, ich muss die Posten bei stockfinsterer Nacht ablaufen. Hoffentlich falle ich nicht wie neulich in einen 2 m tiefen Graben.

W.

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